Protestbrief gegen die Medienpolitik der Regierung
In unserer Dezember-Presseschau sind wir schon darauf eingegangen, wie die PiS-Regierung ihren Zugriff auf die Medien verstärkt. So wurde ein großes Paket Print- und Onlinemedien vom staatlichen Orlen-Mineralöl-konzern aufgekauft. Nun wird durch eine Zusatzabgabe für auf dem polnischen Markt tätige Medien deren finanzielle Basis angegriffen. Die polnischen he Regierung hat sich offenbar für den ungarischen Weg einer stärkeren Kontrolle kritischer Medien entschieden, der dort inzwischen zur quasi-Gleichschaltung Informationsgebung geführt hat. Lesen Sie den Offenen Brief im polnischen Original hier, die deutsche Übersetzung von Ruth Henning finden Sie hier unten. Die Unterzeichner sind auf der polnischen Version aufgelistet.
Offener Brief an Regierung, Sejm, Senat und die Führungsgremien der politischen Parteien: Betrifft die angekündigten, neuen Zusatzabgaben für auf dem polnischen Markt tätige Medien unter der irreführenden Bezeichnung eines „Unterstützungsbeitrags“ zur Überwindung der Pandemie COVID 19.
Diese Zusatzabgabe richtet sich gegen alle polnischen ZuschauerInnen, HörerInnen, LeserInnen wie Internet-NutzerInnen und unterminiert die Herstellung polnischer Produktionen in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Sport und Medien.
Die Einführung dieser Zusatzabgabe bedeutet:
1. Eine Schwächung teilweise sogar Liquidation der in Polen erscheinenden Medien, eine erhebliche
Reduzierung der Auswahl an Medien und Inhalten für die polnische Bevölkerung.
2. Eine Einschränkung finanzieller Möglichkeiten, qualitativ wertvolle und lokale Inhalte zu produzieren. Die Herstellung dieser Produkte sichern gegenwärtig hunderttausenden MitarbeiterInnen und deren Familien ein Auskommen und ermöglichen der polnischen Bevölkerung Zugang zu Informationen, Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen, überwiegend kostenlos.
3. Eine verstärkte Ungleichbehandlung der auf dem polnischen Medienmarkt tätigen Unternehmen. Während die staatlichen Medien jährlich zwei Milliarden Złoty aus der Tasche aller Polen erhalten, sollen die privaten Medien mit einer Zusatzabgabe von einer Milliarde Złoty belastet werden.
4. Eine faktische Bevorzugung solcher Firmen, die in die Bereitstellung polnischer, lokaler Inhalte nichts investieren auf Kosten derjenigen, die in Polen eben dort am meisten investieren. Nach Schätzungen würden die von der Regierung als „Globale digitale Giganten“ bezeichneten Firmen höchstens 50-100 Millionen Złoty an Zusatzabgaben leisten, während es bei den anderen aktiven lokalen Medien bis zu 800 Millionen Złoty sein würden.
Skandalös ist auch die asymmetrische und selektive Belastung einzelner Firmen. Außerdem ist dieser Versuch, Konzessionsbedingungen während des Zeitraums ihrer Gültigkeit zu ändern, in einem Rechtsstaat unzulässig.
Wir - in Polen seit vielen Jahren tätige - Medien entziehen uns weder unseren belastenden Pflichten
noch der Verantwortung für die Gesellschaft. Jedes Jahr zahlen wir dem Staat immer höhere Abgaben, Steuern und Gebühren. Durch eigene karitative Tätigkeit unterstützen wir die schwächsten Gruppen in unserer Gesellschaft. Wir unterstützen Polen, auch die Regierung, im Kampf gegen die Epidemie, sowohl durch Informationen als auch durch zielgerichtete Mittel im Wert von hunderten Millionen.
Wir widersetzen uns entschieden dem Versuch, die Epidemie als Vorwand zu benutzen, um weitere, neue, außergewöhnliche Belastungen der Medien einzuführen. Eine langfristige Belastung, die auch die Pandemie COVID 19 überdauert.